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AGGERTALER - Unseren Innenstädten neues Leben einhauchen

Gespräch mit den Wiehler und Gummersbacher Citymanagern.

    

 

Text: Anna-Lena Schäfer Foto: Der Medienverlag

 

Die Landesregierung stärkt mit fast 25 Millionen Euro die Innenstädte in Nordrhein-Westfalen. Das Land un- terstützt mit dem Geld Kommunen dabei, Leerstände zu füllen, gezielter zu verhandeln oder neue Innen- stadt-Allianzen zu schmieden. Ein Teil der Fördergelder fließt auch ins Oberbergische – nach Marienheide, Gummersbach, Wipperfürth und Wiehl. Wir haben mit den Wiehler und Gummersbacher Citymanagern Karin Madel (Foto rechts) und Uwe Gothow (Foto links) gesprochen, wie Innenstädte wieder attraktiver werden – für Händler und Bürger.

 

Über 1,3 Mio. Landesförderung fließen in die vier Oberbergischen Städte. Aber was heißt das genau?

Uwe Gothow: Das Sofortprogramm ist eine Anschubhilfe. Eine erste Unterstützung, um Händler zu ermutigen, Ladenlokale zu eröffnen. Aber damit allein ist es nicht getan. Wir können aus dem Sofortprogramm bis Ende übernächsten Jahres 70 Prozent der alten Kaltmiete bzw. maximal bis zu 300 Quadratmeter fördern. Es muss aber auch danach weitergehen. Es geht um Langfristigkeit und Nachhaltigkeit. Wir versuchen deshalb bspw. die Mietverträge für mindestens drei weitere Jahre zu vergeben.

Karin Madel: Ich gebe dir absolut recht. Die Landesförde- rung ist sehr gut, es bedarf aber noch mehr. Es geht nicht nur um den aktuellen Leerstand, sondern auch um Leer- standvermeidung. Längere Mietverträge und vor allem ein ansprechender Branchenmix sind hier das Ziel.

Welchen Einfluss hatte die Corona Pandemie auf die Vitalität der Innenstädte?

Karin Madel: Es hat ein Umdenken stattgefunden. Die Kunden haben gemerkt, dass sie die Händler vor Ort unterstützen müssen. Auch viele Vereine haben Initiativen ergriffen, um ihren Sponsoren zu helfen. Gleichzeitig hat die Pan- demie die Solidarität unter den Händlern gefördert und sie dazu bewegt, neue Serviceangebote und Ideen zu entwickeln: von Gastro-To-Go über die Warenlieferung an die Haustür bis zu Click-and-Collect. Am stärksten war wohl die Gastronomie betroffen – trotz vieler To-Go-Angebote. Der Wiehler Slogan „Freundlichkeit, Service und Kompetenz“ hat nochmal eine besondere Bedeutung bekommen.

Uwe Gothow: Ich glaube, dass sowieso ein Wandel im Einzelhandel stattfand. Aber die Pandemie hat diesen beschleunigt. In Zukunft werden Händler noch stärker durch Service, Kompetenz und Freundlichkeit überzeugen müssen. Das ist  ein Kreislauf. Du kannst online vieles machen. Aber wenn du eine Beratung und jemanden vom Fach brauchst, ist der Einzelhändler unverzichtbar. Das sollte dem Kunden auch einen eventuellen Mehrpreis wert sein. Gleichzeitig muss der Einzelhändler online sichtbarer werden, damit Leute wissen, dass es die Läden gibt.

Wie konnten Sie Händlern konkret helfen?

Karin Madel: Um das Positive aus der Corona-Zeit zu ziehen: Es gab tatsächlich einige Interessenten, die neue Geschäfte gründen wollten. Wir haben den persönlichen Kontakt hergestellt und uns Zeit für ihre Bedürfnisse genommen. Wenn sie erstes Interesse zeigen und man ihnen alles persönlich bei Ortsterminen zeigt und erklärt, dann denken viele weiter und wagen den Schritt. Wenn jemand eine gute Idee hat, dann unterstützen wir, wo wir können. Bestes Beispiel dafür ist der Unverpackt-Laden in Wiehl, den wir gemeinsam mit der Bereitschaft des Vermieters zum Leben erwecken konnten. Konkrete Hilfe der Stadt gab es auch durch Online-Listen über die derzeitigen Services in Handel und Gastronomie sowie die Unterstützung von Corona-konformen, kundenbindenden Ideen – wie etwa Heimat shoppen, Late-Night-Shopping oder Adventsaktionen, die sich etabliert haben und ihre Fortsetzung finden werden.

Uwe Gothow: Wir haben in Gummersbach jetzt bspw. einen Fahrradladen. Es gab zunächst das Problem, dass es keine Ware gab. Dadurch konnte der Inhaber am Anfang nur Zubehör, Reparaturen und Service anbieten. Dank der Förderung hat er trotzdem den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Gastronomen haben sich in der Gastronomiegemeinschaft erst durch Corona zusammengeschlossen, Ideen entwickelt und uns eingebunden. So konnten wir gemeinsam eine Kontaktnachverfolgungs-App herausbringen – noch vor luca. Diese haben wir nun weiterentwickelt und daraus ein mobiles Stadtportal gemacht. Die GMerleben-App enthält viele Informationen, die man als Bürger rund um das Shoppingerlebnis braucht.

Wie werden unsere Zentren für Einzelhändler wieder attraktiver?

Karin Madel: Potenzielle Mieter fragen nach der Innenstadt- qualität. Das Sofortprogramm fördert hier Innenstadtbe- grünung, unter anderem mit mobilen Pflanzkübeln, öffentlichkeitswirksamen Aktionen sowie generationsgerechten Möblierungselementen, Umbaumaßnahmen an Fassade, Eingangsbereichen, Gebäudetechniken uvm. Gemeinsam mit meiner Kollegin Beate Grimm und dem Büro Frauns aus Münster sind wir konstant dabei, verschiedene Fördermaß- nahmen anzuschieben. Letztlich haben wir von Bürgermeis- ter Stücker den Auftrag kreative Ideen zur Förderung von potenziellen Ladenbetreibern und Vermietern, aber auch aus der Bürgerschaft zusammenbringen.

Uwe Gothow: Wir merken auch, dass bei den alteingesesse- nen Eigentümern ein Umdenken stattgefunden hat. Es gibt mittlerweile viele heimische Investoren – auch dank der Bestrebungen der Stadt und Wirtschaftsförderung. Wir haben zudem Bürger und Vermieter konkret gefragt: Was fehlt euch? Und sind dann auf die Suche nach jemandem gegangen, der das Ladenkonzept betreiben könnte. Denn das Shoppingerlebnis und Angebotsvielfalt machen Städte attraktiv. Mobilität ist auch ein Riesenthema. Stichwort E-Mobilität, Ladesta- tionen, Fahrradständer und Sharing-Angebote.

Was sind Ihre größten Herausforderungen?

Karin Madel: Wir sind die Unterstützer. Wir brauchen den Wiehler Ring als Gewerbegemeinschaft mit im Boot. Das betrifft auch Veranstaltungen mit verkaufsoffenen Sonntagen, die hoffentlich bald wieder in größerem Maße stattfinden können. Kundenbindung ist ein wichtiges Thema, etwa über Dankeschön- und Gutscheinaktionen. Kundenbindende Events und Baustellenmarketing – coronakonform – haben in den letzten zwei Jahren stattgefunden und bestätigen, wie wichtig dies auch im derzeitigen Innenstadtumbau ist. Mit diesen Aktionen möchten wir darauf aufmerksam ma- chen, dass die Kunden durch ihren Einkauf vor Ort ihr eigenes Lebensumfeld selbst mitgestalten können.

Uwe Gothow: Wir sind am Ende nur die Vermittler. Auf manche Dinge haben wir keinen Einfluss. Bestes Beispiel sind verkaufsoffene Sonntage. Sie wären in der Pandemie möglich gewesen, sind aber ein großer Verwaltungsaufwand. Die örtlichen Entscheidungsträger geben in der Regel ihr okay, aber die Gewerkschaft schiebt häufig einen Riegel vor. Deshalb konnten wir den Einzelhandel in den vergangenen beiden Jahren in dieser Form leider nicht unterstützen, auch wenn wir das gerne gemacht hätten. Die Werbegemeinschaft in der Gummersbacher Innenstadt hat deshalb beschlossen, auch für 2022 keine verkaufsoffenen Sonntage zu beantragen. Wir versuchen das aber mit Aktionen an Samstagen zu kompensieren.

Was wünschen Sie sich für die kommenden Monate?

Uwe Gothow: Die Förderung läuft zum 31. Dezember 2023 aus. Es wäre toll, wenn jeder Händler die kompletten zwei Jahre Förderung erhält, auch über 2023 hinaus, wenn man etwas später abgeschlossen hat. Aber da müssen wir noch warten, was von Seiten der Landesregierung kommt.

Karin Madel: Die Attraktivierung der Innenstadt durch die Nutzung der vielfältigen Fördermöglichkeiten gemeinsam in der Stadt Wiehl umzusetzen, das wünsche ich mir. Dass wir wieder zu einer gewissen Normalität zurückkehren und dass Einkaufen und Essen gehen wieder Spaß machen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Quelle: Der MedienverlagDer AGGERTALER 1 | 22

 

     

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